Bundessieger Jugend forscht Adrian Fleck berichtet über die Erfindung eines Protektors

Die Fer­di­nand-Braun-Schu­le – eine der bes­ten Ent­schei­dun­gen in mei­nem Leben

Der jun­ge Mann ist ent­spannt; das fällt als Ers­tes auf, wenn man ihm gegen­über sitzt. Er ist frisch geba­cke­ner Abitu­ri­ent der Fer­di­nand-Braun-Schu­le (FBS) und – gemein­sam mit sei­ner Schwes­ter Anna – Bun­des­sie­ger „Jugend forscht 2018“. Im Gespräch gibt Adri­an Fleck Ant­wor­ten auf Fra­gen zu ihrer Erfindung.

Fra­ge: Herr Fleck, bit­te erklä­ren Sie, was Sie erfun­den haben.
Adri­an Fleck: Grund­la­ge bil­de­ten die sog. „newton‚schen Flüs­sig­kei­ten“, also Flüs­sig­kei­ten, die sich nach den Natur­ge­set­zen ver­hal­ten. Rührt man bei­spiels­wei­se eine Flüs­sig­keit um, dann dreht sie sich. Mei­ne Schwes­ter, die sehr gut in den natur­wis­sen­schaft­li­chen Fächern ist, kam auf die Fra­ge, ob es mög­lich wäre, „nicht-newton’sche Flüs­sig­kei­ten“ zum Bei­spiel zum Schutz vor Ver­let­zun­gen ein­set­zen zu kön­nen. „Nicht-newton’sche Flüs­sig­kei­ten“ wer­den dick­flüs­sig, wenn man sie schnell bewegt. Also woll­te sie her­aus­fin­den, ob man mit Hil­fe eines Gemischs aus Was­ser und Stär­ke Pro­tek­to­ren her­stel­len kön­ne, die vor Stür­zen schüt­zen; zum Bei­spiel im Sport oder auch beim Motor­rad oder Fahr­rad fah­ren. Ein sol­cher Pro­tek­tor soll­te schwe­re Stür­ze so auf­fan­gen, dass man sich nicht ver­letzt. Die Flüs­sig­keit soll­te aber auch wie­der weich wer­den, wenn man nach einem Sturz wie­der aufsteht.

Fra­ge: Was war Ihre Auf­ga­be dabei?
Adri­an Fleck: Ich habe mein Abitur am beruf­li­chen Gym­na­si­um der Fer­di­nand-Braun-Schu­le gemacht, wo ich mich im Schwer­punk­te Maschi­nen­bau ein­ge­schrie­ben hat­te. Aber auch die ande­ren zwei Schwer­punk­te der Schul­form, Infor­ma­tik und Elek­tro­tech­nik, inter­es­sie­ren mich und wer­den dort auch ver­netzt unter­rich­tet. Inso­fern ist der Besuch der FBS eine der bes­ten Ent­schei­dun­gen mei­nes Lebens gewe­sen. Ich schlug Anna vor, die Maschi­nen für die Her­stel­lung zu kon­stru­ie­ren und zu bauen.
So beschlos­sen wir die Idee gemein­sam in die Tat umzu­set­zen und einen Pro­tek­tor herzustellen.
Die wich­tigs­te Fra­ge war neben der Ent­wick­lung: Wie tes­tet man, ob er funk­tio­niert? Und außer­dem: Wie genau soll­te der Her­stel­lungs­pro­zess ablaufen?

Fra­ge: Also muss­ten Sie nach Geld­ge­bern suchen!
Adri­an Fleck lacht:  Nein, über­haupt nicht! Erst ein­mal muss­ten wir Ideen ent­wi­ckeln: Wie kön­nen wir den Pro­tek­tor so her­stel­len, dass er unse­ren hohen Ansprü­chen genügt? Das macht wirk­lich Spaß, denn man ist wochen­lang damit beschäf­tigt, Lösun­gen zu fin­den. Wo man geht und steht, kom­men Ideen, die­se wer­den auf­ge­grif­fen, geprüft, ver­wor­fen oder weiterentwickelt.

Fra­ge: Ist das nicht sehr mühsam?
Adri­an Fleck: Schon als Kind habe ich mit Lego und Fischer Tech­nik gespielt oder Löcher gegra­ben, um her­aus­zu­fin­den, was unter der Erd­ober­flä­che los ist. Mit Schwarz­pul­ver habe ich auch expe­ri­men­tiert. Immer hat mich inter­es­siert „was die Welt im Inners­ten zusam­men­hält“ – natür­lich haben wir im Beruf­li­chen Gym­na­si­um auch Goe­thes Faust gele­sen. Mich reizt es, Ideen kri­tisch zu unter­su­chen und abzu­wä­gen, ob sie umsetz­bar sind oder nicht. Die­se Aus­ein­an­der­set­zung ist mit Geld nicht zu bezah­len. Das liegt vor allem an der Frei­heit. In der Schu­le bekommt man tech­ni­sche oder mathe­ma­ti­sche Auf­ga­ben zwar auch mit Rah­men­be­din­gun­gen gestellt, sodass man ver­netzt den­ken muss, doch hier hat­ten Anna und ich nur unse­re eige­nen Rah­men­be­din­gun­gen, näm­lich unse­re Ideen. Die­se Frei­heit haben wir sehr genossen.

Fra­ge: Wie lan­ge haben Sie gebraucht, bis alles fer­tig war?
Adri­an Fleck: Ins­ge­samt hat es drei Jah­re gedau­ert, bis das Pro­jekt reif war und wir es ein­rei­chen konn­ten. Also mei­ne gesam­te Zeit an der FBS. Wir muss­ten geeig­ne­te Werk­stof­fe fin­den. Ich muss­te die Mess­sys­te­me selbst kon­stru­ie­ren, weil es die­se noch nicht gab. Dank mei­ner Kennt­nis­se in Infor­ma­tik konn­te ich auch die Pro­gram­me selbst schrei­ben, die die Mes­sun­gen durch­füh­ren. Die Maschi­nen zur Her­stel­lung habe ich eben­falls selbst kon­stru­iert und ich durf­te die Werk­stät­ten an der Fer­di­nand-Braun-Schu­le nut­zen, um Tei­le zu dre­hen. Vie­le Tei­le habe ich aber auch aus­ge­druckt, weil wir den 3‑D-Dru­cker in der Schu­le benut­zen konn­ten, wobei ich die­sen spä­ter auch umfunk­tio­nie­ren musste.

Fra­ge: War­um war das nötig?
Adri­an Fleck: Ich hat­te eine neu­ar­ti­ge Mess­ma­schi­ne kon­stru­iert, doch deren Bau wäre zu teu­er gewor­den. Mir kam dann die Idee, den 3‑D-Dru­cker so umzu­bau­en und umzu­pro­gram­mie­ren, dass er die Mes­sun­gen am Pro­tek­tor vor­neh­men konn­te. Das war daten­tech­nisch sehr kom­pli­ziert, weil ich ein ganz neu­es Pro­gramm schrei­ben musste.
Aber hier hat­te ich die Unter­stüt­zung mei­ner Schu­le. Maschi­nen­bau, Elek­tro- und Daten­ver­ar­bei­tungs­tech­nik-Leh­rer arbei­ten an der FBS eng zusam­men und die haben mir bei man­chem Pro­blem gehol­fen. Auch die Ful­da­er Fir­ma JUMO hat uns bei der Fer­ti­gung der Her­stel­lungs­form für den Pro­tek­tor gehol­fen. So bekam ich viel Unterstützung.

Fra­ge: Die Ver­net­zung des tech­ni­schen Wis­sens hat Ihnen also dabei geholfen?
Adri­an Fleck: In der Indus­trie geht es gar nicht mehr ohne ver­netz­tes Den­ken. Zudem hat man es bei „Jugend forscht“ mit sehr kri­ti­schen Dok­to­ren und Pro­fes­so­ren zu tun, die alles in Fra­ge stel­len und genau wis­sen wol­len, war­um und wie wir zu unse­ren Ergeb­nis­sen gekom­men sind. Ich muss­te ja auch noch ande­re Maschi­nen ent­wi­ckeln. Zum Bei­spiel eine, die die Dich­te von Sty­ro­por mes­sen kann. Ohne ver­netz­tes Den­ken und Arbei­ten, wie ich das an der FBS gelernt habe, wäre das gar nicht mög­lich gewe­sen. Und schließ­lich war es genau die­se Viel­sei­tig­keit, war­um wir Bun­des­sie­ger wurden.

Fra­ge: Sie und Anna sind Bun­des­sie­ger, haben aber zusätz­li­che beson­de­re Aus­zeich­nun­gen erhalten.
Adri­an Fleck: Ja, den Preis der Bun­des­kanz­le­rin für die ori­gi­nells­te Idee. Den Preis der Minis­te­rin für Umwelt und Land­wirt­schaft haben wir auch erhal­ten und außer­dem wur­den wir aus­ge­wählt, mit zwei ande­ren Erfin­der­grup­pen Deutsch­land bei „Jugend forscht – Euro­pa“ in Dub­lin zu reprä­sen­tie­ren. Und für Sep­tem­ber hat uns die Bun­des­kanz­le­rin zum Kaf­fee­trin­ken eingeladen.

Fra­ge: Sie haben außer Zeit auch Geld in die Ent­wick­lung Ihres Pro­tek­tors gesteckt. Haben Sie wenigs­tens einen Teil zurückbekommen?
Adri­an Fleck: Ja, das war ein ange­neh­mer Neben­ef­fekt. Die Aus­zeich­nun­gen der Kanz­le­rin und der Minis­te­rin waren Geld­prei­se. Mit mei­ner Hälf­te kann ich dann mein nächs­tes Pro­jekt star­ten.  Wir brau­chen noch eine Maschi­ne, mit der ich unse­re „nicht-newton’sche Flüs­sig­keit“ noch wei­ter opti­mie­ren kann.

Fra­ge: Wie geht es denn jetzt nach dem Abitur beruf­lich bei Ihnen weiter?
Adri­an Fleck: Ich begin­ne bei einem Ful­da­er Unter­neh­men mein dua­les Maschi­nen­bau-Stu­di­um. Dadurch kann ich Theo­rie und Pra­xis wei­ter­hin opti­mal mit­ein­an­der verbinden.

Adri­an Fleck wird mit einem herz­li­chen Dank für das Inter­view sowie den bes­ten Wün­schen für pri­va­ten und beruf­li­chen Erfolg ver­ab­schie­det. Gewünscht wird vor allem viel Freu­de beim Nut­zen des außer­ge­wöhn­li­chen „Erfin­der-Gens“.