Studierende der Fachschule für Technik an Akademieabend mit Holocaustüberlebendem

Dr. Leon Weint­raub – ein beein­dru­cken­der Mensch, ein beein­dru­cken­des Leben

Stu­die­ren­de der Fach­schu­le für Tech­nik (01TTM) nah­men am Aka­de­mie­abend  mit dem Holo­cau­st­über­le­ben­den Leon Weint­raub im Boni­fa­ti­us­haus teil.

Der 94jährige Weint­raub ist eine Per­sön­lich­keit, die ihre Zuhö­rer sofort in den Bann zieht.  Mit einer unglaub­li­chen Prä­senz und Kraft spricht er über sein Leben. Wir erfah­ren, dass er – in Lodz gebo­ren- mit 13 Jah­ren zusam­men­mit sei­ner Fami­lie ins Ghet­to Litz­mann­stadt ver­bracht  wur­de. Die Zuhö­rer sind ganz still, als ihnen das Leben im Ghet­to geschil­dert wird. Weint­raub berich­tet vom Hun­ger, der das Dasein bestimm­te.  Auf die Fra­ge, ob er nicht über­legt hät­te, sich umzu­brin­gen, ant­wor­tet er schlicht, dass sei­ne Gedan­ken immer nur um den Hun­ger kreis­ten. Man dach­te an nichts anderes.

Neben dem Hun­ger war die har­te Arbeit, das, was bestim­mend für den Jun­gen war. Arbeit war ver­bun­den mit Bestra­fung und Unter­drü­ckung. Nach einem Fehl­ver­hal­ten muss­te er zur Stra­fe ohne Hand­schu­he Ble­che fal­zen und zog sich dabei schwers­te Schnitt­wun­den zu.

1944 wur­de Leon Weint­raub zusam­men mit sei­ner Mut­ter und den Schwes­tern nach Ausch­witz gebracht.  Auf der Ram­pe sah er sei­ne Mut­ter zum letz­ten Mal. Sie wur­de noch an die­sem Tag zusam­men mit der Tan­te Wein­traubs in der Gas­kam­mer ermor­det. Die Beschrei­bung des wider­li­chen Gestanks nach ver­brann­tem Fleisch und des von Asche durch­setz­ten Bodens lässt nie­man­den unberührt.

Im Wei­te­ren berich­tet Weint­raub, wie er geis­tes­ge­gen­wär­tig eine Chan­ce nutz­te, mit ande­ren Män­nern zum Arbei­ten in ein ande­res Lager gebracht zu wer­den. Im Außen­la­ger des KZ Groß-Rosen arbei­te­te Weint­raub als Elek­tri­ker; bei den Arbei­ten in gro­ßer Höhe fühl­te er sich vor den will­kür­li­chen  Über­grif­fen sei­ner Bewa­cher eini­ger­ma­ßen sicher.  Öfter hat er nach einem Arbeits­tag  zusam­men mit den ande­ren Kame­ra­den einen Toten zurück ins Lager schlep­pen müssen.

Nach Kriegs­en­de gelang es dem  auf 35 Kilo abge­ma­ger­ten Mann aus einem Todes­zug zu ent­kom­men. Er trifft sei­ne Schwes­tern wie­der. Er, der kein Abitur hat, stu­diert in Göt­tin­gen Medi­zin, wird Frau­en­arzt und grün­det eine Fami­lie. Auch in spä­te­ren Jah­ren hat er aber immer wie­der mit Anti­se­mi­tis­mus zu tun gehabt. Drei­mal hat er sogar jeman­den geschla­gen, als er in sei­ner Wür­de ver­letzt wur­de. Die­se Aus­sa­ge irri­tiert uns nur kurz. Sie passt zu dem Mann, der Ausch­witz überlebte.

Weint­raub sieht heu­te sei­ne Auf­ga­be dar­in, v.a. die jun­ge Gene­ra­ti­on auf­zu­for­dern, sich gegen Ras­sis­mus und gegen das Ver­ges­sen zu stel­len.  Er sagt: „Wir sind alle als Men­schen gebo­ren, blei­ben wir also Menschen.“